Das Begriffschaos rund um die Künstliche Intelligenz könnte nicht grösser sein, was wohl daran liegt, dass es sich dabei um ein riesiges Gebiet mit einer langen Geschichte handelt. Der heute mit Abstand wichtigste Teilbereich ist das Maschinelle Lernen (und als Teilgebiet davon Deep Learning).

Die lange Geschichte der KI

Künstliche Intelligenz ist nicht neu. Die goldenen Zeiten begannen vor rund 60 Jahren, als trotz riesiger Forschungsbudgets grosse Ernüchterung eintrat. Die Idee, menschliche Denkprozesse in Computerlogik abzubilden, scheiterte – wenn wundert’s – an der Komplexität und fehlender Rechenleistung. Der folgende KI Winter dauerte bis Ende der 90er Jahre, als Deep Blue Schach-Weltmeister Garry Kasparov schlug. Der Ansatz war jedoch anders: Deep Blue verstand ausser den elementarsten Regeln nichts von Schach. Er hatte aber unzählige Partien gespeichert und konnte sich so durch Vergleiche jederzeit die Gewinnwahrscheinlichkeit möglicher Züge ausrechnen und denjenigen mit der höchsten nehmen.

Daten (Big Data) und Rechenleistung (Cloud Computing) sind die Voraussetzungen, die der KI zu neuem Schub verhalfen und kürzlich mit IBM Watson (Jeopardy!) und Google Deepmind (Go) den Durchbruch ermöglichten.

Was kann man von KI erwarten?

Der Begriff Künstliche Intelligenz weckt Erwartungen, die – zumindest in den nächsten Jahren – unrealistisch sind.

John McCarthy, der Erfinder des Begriffs bedauert noch heute, dass man damals nicht den anderen Vorschlag – “Complex Computing” – nahm. Aber zugegebenermassen tönt Künstliche Intelligenz doch ziemlich cool.

Vor 20 Jahren waren Forscher der Ansicht, in 10 Jahren eine KI auf dem Niveau eines Menschen entwickeln zu können. Vor 10 Jahren wollte man in 10 Jahren das Niveau einer Katze erreichen und heute spricht man von der Intelligenz einer Amöbe in 10 Jahren. Das mag nach wenig klingen aber wir sprechen hier von einer “General Purpose” Intelligenz, welche in der Praxis weder notwendig noch sinnvoll ist. Ein KI-System wird immer für eine spezifische Anwendung entwickelt, sei es das Erkennen von Verkehrsschildern oder Produktempfehlungen wie bei Amazon (eine der schon älteren und eher einfachen Anwendungen des Maschinellen Lernens – wussten Sie’s?)

Was ist neu oder anders bei KI?

Heute gängige Softwaresysteme funktionieren nach einem einheitlichen Grundprinzip: Der Computer führt – analog einem Kochrezept – klar definierte Anweisungen in Form eines von Menschen geschriebenen Programmes aus. Sei es das Berechnen einer Zahl oder Speichern von Daten. Das ist perfekt, wenn sich ein Prozess in einem “Kochrezept” abbilden lässt.

Die Welt ist aber nicht immer klar definierbar und mit Unsicherheiten und Wahrscheinlichkeiten behaftet. Man denke nur, wie ein einfacher Satz von verschiedenen Menschen ganz unterschiedlich interpretiert werden kann.

Auch im betriebswirtschaftlichen Kontext gibt es oft zu viele, unterschiedliche oder sich gar widersprechende Daten und sich immer ändernde Parameter. Die “Kochrezepte”, die damit umgehen können, wären unbezahlbar und somit werden diese Aufgaben bisher immer von Menschen übernommen.

Wie funktioniert Maschinelles Lernen?

Anstelle Systeme zu entwickeln, die ein Problem lösen, werden Systeme entwickelt, die darauf trainiert werden, ein Problem auf Basis von Daten zu lösen.

Das disruptive Potential des Maschinelles Lernens ist es, mit der Komplexität der Welt (zumindest zum Teil) umgehen zu können, ohne alle Unsicherheiten und Wahrscheinlichkeiten in einem “Kochrezept” abbilden zu müssen.

Dadurch ist so ein System in der Lage, Arbeitsschritte und Entscheide, die bisher Menschen vorbehalten waren, zu übernehmen und zu automatisieren. Wir sprechen aber nicht von Aufgaben, die Kreativität und Fantasie benötigen, sondern in erster Linie über die ganz alltäglichen, langweiligen und repetitiven Dinge, die uns nerven und sehr viel Zeit kosten: Das Beantworen von einfachen Fragen, die Kategorisierung von Kunden, das Sammeln von interessanten Informationen aus dem Web oder die Suche nach Zusammenhängen in Datensätzen.

Es geht also nicht darum, den Menschen zu ersetzen sondern ihn zu unterstützen. Mensch und Maschine sollen produktiv zusammenarbeiten und beide das tun, was sie am Besten können.

Die Wichtigkeit der Ressource Daten

Beim Aufbau eines KI Systems müssen viele Punkte berücksichtigt werden, wobei die meisten dieselben sind wie bei jedem Einsatz jeder neuen Technologie. Die Technologien, Algorithmen und Produkte der Künstlichen Intelligenz und des Maschinellen Lernens im Besonderen sind heute überall verfügbar, reif für den produktiven Einsatz und oft sogar kostenlos (z.B. Open Source).

Aber ein KI System ist nur so gut, wie die Daten, die es zur Verfügung hat und auf deren Basis es lernen kann (natürlich spielt auch die Kompetenz der Person, die es entwickelt und bedient, eine wichtige Rolle). Also muss ein Hauptaugenmerk – und hier ist die oberste Leitung des Unternehmens gefragt – auf die Verfügbarkeit relevanter Daten in vernünftiger Menge und vor allem bestmöglicher Qualität gelegt werden.

Wichtig: Weniger Daten sind mehr – wenn es die Richtigen sind und die Qualität stimmt.

Will man kundenorientierte Prozesse automatisieren, so müssen gute Kundendaten her, egal ob von intern oder extern. Will man die Produktionsabläufe optimieren, so müssen gute Produktions- und Maschinendaten her. So einfach ist das im Grunde!

Peter Norvig, Research Director von Google hat es einmal sehr schön auf den Punkt gebracht:

“We don’t have better algorithms. We just have more data.”