Ich habe mir überlegt, welches eigentlich die wesentlichen Faktoren sind, welche über Erfolg oder Misserfolg bei der Digitalisierung entscheiden. Hier meine Liste.

Veränderungskompetenz

Veränderung gehört zum täglichen Brot jedes Unternehmens. Neu ist bei der Digitalisierung aber, dass nicht einzelne Aspekte wie Produkte, Prozesse, Organisation, Technologie betrachtet werden, sondern das gesamte Geschäftsmodell überprüft und verändert werden muss.

In der «alten Welt» gibt es Business und IT und das Business ist froh, dass sie die IT delegieren können. Das beizubehalten, ist das sichere Rezept für Misserfolg, denn dieser Graben wird über kurz oder lang komplett verschwinden.

Jedes Unternehmen wird dabei ein Software-Unternehmen. Rolls Royce verkauft nicht mehr Turbinen, sondern störungsfreie Einsatzstunden. Hilti neben Bohrmaschinen auch professionell gebohrte Löcher «as-a-Service». Die Liste liesse sich beliebig fortsetzen. Das geht nur mit einem ganz neuen Denken. Es braucht dazu meist auch nicht «Rocket Science», sondern ein neues Verständnis von Technologie.

Die bisherigen Management-Modelle sind dazu nicht geeignet. Diese sind auf die Optimierung eines bisherigen Geschäftsmodells ausgelegt. Man feilt an den Details, anstelle sich darüber Gedanken zu machen, dass die Markteintrittsbarrieren, die man mühsam aufgebaut hat, innert kürzester Zeit eingerissen werden können. Starre Ziele und Silodenken hemmen die Veränderung.

«Digital» gehört zum Rüstzeug jedes Managers dazu, auch wenn er mit der effektiven technologischen Implementation nicht direkt zu tun hat. Manager, die denken, dass sie das technologische Know-how nicht haben, gebe ich zu bedenken, dass es einfacher ist, einer Führungskraft das notwendige Wissen zu vermitteln, als einem technischen Spezialisten die Management-Erfahrung und das notwendige strategische Denken beizubringen.

Die Führungsmannschaft benötigt eine klare Vision und eine einheitliche Vorstellung, wie man den Wandel anpacken soll. Sie muss eine neue, offene Arbeitskultur schaffen, welche Innovation ermöglicht und das Hinterfragen von Bestehendem erlaubt. Aber vorallem: Sie muss als Vorbild vorangehen um zu signalisieren, dass sie es ernst meint.

Fokus auf Kunde, nicht Technologie

Digitalisierung ist zunächst mal nicht Big Data (oder eine sonstige Technologie) sondern Big Benefits für Kunden.

Im bisherigen Management-Modell (siehe oben) besteht die grosse Gefahr, dass Manager sich zu einseitig auf den Einsatz von Technologie fokussieren, weil sie dort Mittel zur Optimierung und Effizienzsteigerung erkennen – aber nicht überlegen, wie denn das Geschäft ganz grundsätzlich in Zukunft aussehen soll.

Es wird dann viel von Mobile, Analytics und AI gesprochen, ohne genau zu wissen, warum man darin investiert oder welchen Business Zweck es verfolgt.

Ich höre auch ab und zu den Satz: «Wir digitalisieren jetzt unsere Prozesse.» Auf die Nachfrage, wo der Mehrwert liegt heisst es immer: Qualität, Schnelligkeit, Kosten. Das ist natürlich nicht falsch – aber das alleine reicht einfach nicht.

Jeff Bezos von Amazon hat es klar ausgedrückt:

We’re not competitor obsessed, we’re customer obsessed. We start with what the customer needs and we work backwards.

Technologie ist selbstverständlich ein wichtiger Teil der Gleichung, gerade weil sie nicht mehr einen unterstützenden Charakter hat, sondern zu einem Business-Enabler wird. Und daher ist es auch wichtig, die technologischen Möglichkeiten und Grenzen zu kennen.

Es ist ganz einfach: Mit dem falschen Fokus kann man sehr viel Geld und Zeit verlieren. Also überlegen Sie sich, wie Sie Ihr Geschäft in Zukunft gestalten wollen (wobei der Weg das Ziel ist), setzen Sie den Kunden an den Anfang und arbeiten Sie rückwärts.

Mitarbeiter als strategisches Asset

Nur weil das Top-Management sich die Digitalisierung auf die Fahne geschrieben hat, heisst das noch nicht, dass die Mitarbeiter mitziehen. Einerseits haben Sie oft weder die Zeit noch das Know-how, sich Gedanken im Kontext ihrer eigenen Aufgabe und Verantwortung zu machen. Und andererseits schüren die Schreckensszenarien über Roboter, die Jobs übernehmen, auch Ängste.

Wichtig ist mir, darauf hinzuweisen, dass Mitarbeiter bei der Digitalisierung in einem ganz neuen Licht gesehen werden müssen. Denken Sie daran, dass es in der digitalen Welt neben Ihren Daten kaum noch einzigartige Ressourcen gibt ausser das Know-how (z.B. über die Kunden) und die Kreativität der Mitarbeiter. Alles andere kann man sich einkaufen.

Just do It

Mit einer gewissen Ernüchterung muss ich feststellen, dass ich hier Erfolgfaktoren beschreibe, welche im Grunde alles andere als neu sind: Kontinuierlicher Wandel, Kunde im Zentrum und die Wichtigkeit der Mitarbeiter dürften so ziemlich in jedem Unternehmensleitbild stehen. Aber die Digitalisierung deckt schonungslos auf, dass es sich dabei oftmals um Lippenbekenntnisse handelt.

Der elementare Erfolgsfaktor liegt also nicht im sagen, sondern im tun.